Silum Bruderhof

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Rede von Prinz Nikolaus

Bei der Gedenkveranstaltung
7 September 2024

Prinz Nikolaus von Liechtenstein (Bruder von Fürst Hans-Adam II)
Silum, Triesenberg, Liechtenstein
Samstag 7 September 2024

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Mitglieder der Bruderhof-Gemeinde, sehr geehrte Damen und Herren. Vorerst möchte ich all denen danken, die diesen Gedenktag organisiert und erlaubt haben, insbesondere natürlich dem Präsidenten Andi Zimmerman und auch der Gemeinde Triesenberg.

Ich glaube, es ist ein wichtiger und schöner Anlass, wenn wir diesen 90 Jahren gedenken, die vergangen sind, seitdem die Bruderhof-Gemeinde hier als Almbruderhof-Gemeinde begonnen hat.  Ich glaube, dieser Gedenktag in diesem gottgegebenen schönen Sonnentag erlaubt uns auf der einen Seite die Bedeutung der Bruderhof-Gemeinde zu erwähnen, kurz zu beschreiben. Das wird sicher nachher genauer gemacht werden, aber ich möchte nur sagen, dass aus allem, was ich bisher gesehen und gehört habe, ist keine Frage, dass Ihre Gemeinde viel dazu beiträgt, die christliche Botschaft in diese Welt zu bringen, vor allem über euer Zusammenleben in bescheidener Art und eben getragen von christlichen Werten, vor allem der Nächstenliebe. Ich glaube, das ist heute durchaus von großer Aktualität, wo wir sozusagen im materiellen Überfluss leben, mit all seinen Problemen, man denke nur an die Klimafrage, ist es umso wichtiger, dass wir zeigen können, dass es in der Welt auch Gemeinschaften gibt, die zusammenleben können in Frieden und eben in einem Leben, was die Natur beachtet und was den Mitmenschen beachtet.  

Sie führen sich sehr stark auf die christlichen Urgemeinden zurück, was ich glaube für uns alle wichtig ist. Nicht zuletzt sehen wir jetzt auch in anderen christlichen Gemeinschaften eine stärkere Rückbesinnung auf das Urchristentum. Zum Beispiel auch in der katholischen Kirche unter Führung von Papst Franziskus will man viel stärker wieder schauen, was uns diese Frühquellen bringen können an Werten, an Zusammenleben und an einer neuen Gottesbeziehung.  

Und dafür sind sie sicher beispielgebend und ich hoffe, dass auch dieser Stein dazu beitragen wird, das Interesse an ihrer Gemeinschaft zu erhöhen. Natürlich ist so ein Stein, ist so ein Jubiläum auch Anlass, geschichtlich zurückzublicken. 1934 ist eine lange Zeit, aber in vielem noch sehr lebendig.

Man setzt sich immer noch mit diesen Zeiten auseinander, die auch für Lichtenstein sehr schwierig waren. Ein vor drei Tagen vorgestelltes Buch, kurzes Büchlein über Lichtensteins Souveränität und Neutralität zwischen 1933 und 1945 zeigt gut auf, wie schwierig diese Zeiten waren. Und so war es sicher eine gute göttliche Fügung, dass die Bruderhofgemeinde hierher gefunden hat.

Ich glaube, es war eine Bereicherung für Lichtenstein, gar keine Frage. Natürlich gab es diese Auseinandersetzung, können wir so viele Leute hier aufnehmen? Lichtenstein war damals nur ein Drittel, so viele Bewohner gehabt praktisch wie heute. War natürlich klein und arm noch zu dieser Zeit und die Frage war natürlich da.

Gott sei Dank war es dann so, dass doch die Gemeinde über mehrere Jahre hier Zuflucht gefunden hat. Wie viele andere, das darf ich auch erwähnen, die vor dem Naziregime hier geflüchtet sind. Es war nicht ganz einfach, wie gesagt, viele Juden kamen auch her.

Die meisten, so wie die Bruderhofgemeinde, hatte aber dann natürlich das Gefühl, dass die Sicherheit Lichtensteins vor allem nach dem Anschluss Österreichs an das Nazireich sehr stark gefährdet ist und daher ein Weggehen viel wichtiger und bedeutender ist. Viele haben sich dem angeschlossen, nur wenige sind geblieben. Ich möchte auch erwähnen, vielleicht wird das nachher noch erwähnt, aber natürlich im Rahmen dieser Frage können wir hier so eine Gemeinschaft aufnehmen.

Das war natürlich auch eine Frage für die Gemeinde Triesenberg. Es kam auch zu einer Abstimmung und man kann zur Ehre auch der Triesenberger Bürgerinnen und Bürger sagen, dass diese Mehrheit sich klar dafür ausgesprochen hatte, dass die Gemeinde hierbleiben kann.

So war das sicher auch ein schönes Zeichen, das gesetzt wurde, was durchaus in der Tradition des Landes und auch des Fürstenhauses ist. Es ging auch nach 1945 weiter. Lichtenstein konnte mit großen Opfern, kann man sagen, auch Personen aufnehmen.

Nicht zuletzt russische Soldaten, die durch die Flügung auf deutscher Seite kämpfen mussten, konnten sie aufnehmen gegen die starken Druckversuche der Sowjets. Und ich glaube auch, dass wir weiterhin doch unsere kleine liechtensteinische Gemeinschaft auch weiterhin offen ist für Flüchtlinge. Natürlich ist es doch ein Unterschied, ob es sich um Personen handelt, die vieles mit einem Teilen an Werten.

Und das war damals mit der Bruderhofgemeinde gar keine Frage, dass das der Fall war. So hat sich die sicher wichtigste Persönlichkeit aus Lichtenstein der damaligen Zeit, Pfarrer Anton Frommelt, der sowohl politisch wie geistig eine führende Rolle hier im Land gespielt hat, der hat sich dafür eingesetzt, dass die Bruderhofgemeinde hierbleiben kann. Warum? Weil er gesehen hat, dass hier wirklich christliche Werte gelebt werden und dass er sich damit identifizieren kann und damit auch viele andere.

Wenn wir weiter in die Geschichte, vielleicht noch eine Bemerkung. Ja, das Fürstenhaus stand auch ganz dahinter. Es waren auch Zeiten, die schwierig waren.

Der damalige Fürst, Fürst Franz, ein Urgroßonkel von mir, der war mit einer Jüdin verheiratet, die konvertiert hatte zum Katholizismus, aber er hatte auch sehr deutliche Worte gegen den Nazismus gesprochen und von dort aus hat man gesehen, wie schwierig das war und er hatte sich natürlich voll hinter diese Aufnahmepolitik gestellt. Wenn wir weiter zurückgehen in die Geschichte, ist vielleicht etwas besonders zu erwähnen. Unsere Familie, die Familie Lichtenstein, hat schon im 16. und 17. Jahrhundert mit ihren, wenn ich so sagen kann, Vorgängern, der Mährischen Brüder oder Böhmischen Brüder, also sehr stark von Hus herkommenden Gemeinschaften, hat sie schon auf ihren Territorien, Fürstentum, Herzogtum, in was heute vor allem Mähren ist, Zuflucht gegeben, als sie von Böhmen vertrieben wurden. Das hat auch viele Jahrzehnte so gedauert und die Familie, unsere Familie, hat sich ganz dahinter gestellt und das war sicher eine glückliche Fügung.

Diese Gemeinden haben sich sehr stark auch in diesen Orten integriert, auch wirtschaftlich beigetragen und das war eine schöne Symbiose, so wie es eben dann auch später der Fall war. In der Zeit der Gegenreformation war dann der Druck größer, sehr direkt auch vom Kaiser auf den damaligen Fürsten und so langsam. Der Schutz wurde zwar weiter aufgehalten und auch entsprechend argumentiert, aber doch dann langsam fing die Bewegung aus diesen doch sehr unsicheren Gebieten Richtung mehr Westen statt.

Das vielleicht zu dieser Geschichte. Wie gesagt, ich hoffe und glaube auch, dass unsere Politik sowohl Fürst und Volk weiterhin solche Aufnahmen unterstützen wird und wir freuen uns natürlich auch sehr über Ihren Besuch hier. Der macht uns auch lebendiger und das ist schön.

Ich glaube eben, wie gesagt, wir haben auch weiterhin eine Tradition, so ist die jetzige Frau unseres Herr Prinzen, der als Stellvertreter die Regierungsgeschäfte führt, auch Präsidentin des Roten Kreuzes und es wird weiterhin aktiv für die Flüchtlinge gearbeitet. Und ich glaube, wir sind uns alle einig, dass wir alle in unsicheren Zeiten auch leben und es umso wichtiger ist, diese Aufnahmefähigkeit wirklich auch zu nutzen. So möchte ich schließen, indem ich nochmals meinen Dank aussprechen möchte, hier mit euch allen zu sein und mit dem Wunsch für ein weiteres gutes Gedeihen der Bruderhofgemeinde, eine gute ökumenische Zusammenarbeit, wie sie existiert, dass dies auch weiter ist und wie gesagt, dass dieser Stein auch ein Zeichen hier in Liechtenstein ist für Werte, die wir alle mit Freuden in diesen Kriegszeiten im Sinne des Friedens und der Freiheit unterstützen können.

Herzlichen Dank.

 

Prinz Nikolaus von Liechtenstein (brother of Fürst Hans-Adam II)
Silum, Triesenberg, Liechtenstein
Saturday 7 September 2024

Dear guests, dear members of the Bruderhof community, ladies and gentlemen. First of all, I would like to thank all those who have organized and made this day of remembrance possible, especially of course Andi Zimmerman and also the municipality of Triesenberg. I believe it is an important and beautiful occasion when we commemorate these 90 years that have passed since the Bruderhof community began here as the Alm Bruderhof.

I believe that this day of remembrance, this God-given, beautiful sunny day, allows us hand to mention the significance of the Bruderhof community, to briefly describe it. This will certainly be done in more detail later, but I would just like to say that from everything I have seen and heard so far, there is no question that your community contributes a great deal to bringing the Christian message into this world, above all through your living together in a modest way and supported by Christian values, above all love of neighbor. I believe that this is very topical today, when we live in material abundance, so to speak, with all its problems; just think of the climate issue. So it is all the more important that we can show that there are also communities in the world that can live together in peace and in a life that respects nature and respects their fellow human beings. You are very much based on the early Christian communities, which I believe is important for all of us. Last but not least, we are now also seeing a stronger return to early Christianity in other Christian communities. In the Catholic Church, for example, under the leadership of Pope Francis, there is a much stronger desire to look again at what these early sources can bring us in terms of values, living together and a new relationship with God.

And they [the Bruderhof] are certainly exemplary in this respect and I hope that this stone will also help to increase interest in their community. Of course, a stone like this, an anniversary like this, is also an opportunity to look back in history. 1934 is a long time ago, but in many ways it is still very much alive. People are still coming to terms with these times, which were also very difficult for Lichtenstein. A book presented three days ago, a short booklet about Lichtenstein's sovereignty and neutrality between 1933 and 1945, shows well how difficult these times were. And so it was certainly a good divine coincidence that the Bruderhof found its way here. I believe it was an enrichment for Lichtenstein, no question about it. Of course there was this debate: can we take in so many people here? Lichtenstein was only a third as populous back then as it is today. Of course, it was still small and poor at the time and the question was naturally there.

Thank God the community found refuge here for several years. Like many others I should also mention who fled from the Nazi regime here. It wasn't easy, as I said; many Jews also came here. But most of them, like the Bruderhof community, naturally felt that Lichtenstein's security was in great danger, especially after the annexation of Austria to the Nazi empire, and that it was therefore much more important and significant to leave. Many came here; only a few stayed.

I would also like to mention (perhaps this will be mentioned later) but of course in the context of this issue we can accommodate such a community here. This was of course also a question for the municipality of Triesenberg. There was also a vote, and to the credit of the citizens of Triesenberg, it can be said that the majority clearly voted for the community to remain here.

So that was certainly a nice sign that was set, which is very much in the tradition of the country and also of the Princely House. Things continued similarly after 1945. You could say that Lichtenstein was able to take in people only at great sacrifice. Not least Russian soldiers who had to fight on the German side, who were able to take shelter here against the strong pressure of the Soviets.

And I also believe that our small Liechtenstein community will continue to be open to refugees. Of course, it makes a difference when we are talking about people who share a lot of values. And there was no question that this was the case with the Bruderhof community at the time. The most important person from Lichtenstein at the time, Pastor Anton Frommelt, who played a leading role here in the country both politically and spiritually, was committed to ensuring that the Bruderhof community could remain here. Why? Because he saw that Christian values were really lived here and that he could identify with them, as could many others.

If we can go further back in history, I’ll make perhaps one more remark. Yes, the Princely House was also fully behind the Bruderhof, even if there were also difficult times. The Prince at the time, Prince Franz, a great-granduncle of mine, was married to a Jewish woman who had converted to Catholicism, but he had also spoken very clearly against Nazism and from there you could see how difficult it was but of course he was fully behind this policy of acceptance.

If we go further back in history, there is perhaps something special that should be mentioned. Our family, the Lichtenstein family, together with its predecessors, if I can say so, the Moravian Brethren or Bohemian Brethren, i.e. communities that were influenced very strongly from Jan Hus, had already given refuge in their territories, principality, duchy, in what today is mainly Moravia, when they were expelled from Bohemia in the 16th and 17th centuries. This lasted for many decades and the family, our family, was fully behind it and that was certainly a happy coincidence.

These communities were very strongly integrated into these places, also contributing economically, and it was a beautiful symbiosis, just as it was later. During the Counter-Reformation, the pressure was greater: it was very direct from the emperor on the princes of the time. Protection continued to be offered up and argued for accordingly, but then slowly the movement from these very insecure areas towards the west began. Perhaps that's what this story is about.

As I said, I hope and believe that our politicians will continue to support both the Prince and the people with such events and we are of course also very happy about your visit here. It also makes us more lively and that's nice.

I believe, as I said, that we continue to have this tradition to work actively for refugees; the current wife of our Prince, who is the deputy head of government, is also President of the Red Cross. And I think we all agree that we are all living in uncertain times and that it is all the more important to really make use of this capacity to receive refugees.

So I would like to conclude by expressing my thanks once again for being here with you all and with the wish for the Bruderhof community to continue to thrive, for good ecumenical cooperation to continue and, as I said, for this stone to also be a sign here in Liechtenstein of values that we can all support with joy, in the spirit of peace and freedom, in these times of war.

Thank you very much.